Ein Zitat:
"Rur hat die Welt in Paaren geschaffen, und sie enthält Gleiches,
aber auch Gegensätzliches. Alles aber ist Veränderung. Wir beide
Leben: das ist gleich. Du hast viel Gold, ich nicht: das ist gegensätzlich.
Welches von beiden wollen wir ändern?"
1) "Du und zwei Kameraden seid in Tobrien auf Kundschaftergang, als ihr von 10 Wesen überfallen werdet, die wohl einmal Wölfe gewesen sein mögen, bevor ihnen diese Reißzähne mit Gift (?) gewachsen sind. Einer deiner Kameraden flieht, der andere ist von wohl fünf der Wesen umstellt. Was tust Du?"
Ich empfehle eines der Wesen der Gnade von Schwester Tsa an, wenn mein Kamerad sich dann nicht lösen konnte, rette ich meinen Arsch. Ich komme an einem anderen Tag wieder, um weiterzukämpfen.
2) "Du blickst auf Deinen Arm, der sich schon ganz schwarz verfärbt hat und in dem schon die Maden wüten. Keiner in diesem Troß scheint Dir mehr helfen zu können. Was tust Du?"
Was Bruderlos ist, kann nicht bestehen auf Rurs Geschenk. Eine der vierundsechzig Fragen des Daseins wird die nach dem Verbleib meines abgeschlagenen Arms sein.
"Adjischin, geh nicht zu nah an die Schanzen hin." Mutter muß
es wissen. Letzte Woche erst wurde wieder ein Kind von einem Heckenschützen
erwischt. Jeden Tag sterben im belagerten Boran welche: ob durch Beschuß
von den kaiserlichen oder bei wieder einem neuen Koalitionsstreit unter
den Königlichen und den Freiheitskämpfern. Jeder falsche Schritt
kann den Tod bedeuten. Und ein siebenjähriger macht viele Schritte.
Mutter ist zu beschäftigt, um auf ihn und die Geschwister aufzupassen,
Eidan ist selber noch ein Kind und Perijan muß Vater helfen. Beide
fischen nachts in der garetija-verseuchten Bucht. Tags schlafen sie meist.
Adjischin kann sich nur an eine kurze Zeit erinnern, wo alles anders war.
Ein paar Monate lang, im letzten Jahr, da waren die Garetijas vor den Toren
weg und man konnte ungehindert in die Wälder. Und nach Tuzak. Viele
Kämpfer gingen nach Tuzak, aber kaum einer kam zurück. Im Frühling
waren die kaiserlichen wieder zurück und berannten die Stadt drei
Tage und Nächte lang. Dann bauten sie ihre Schanzen wieder auf, und
alles war wie vorher. Die Jahre vergehen. Ein Katapultstein fällt
in das Nachbarhaus und tötet die Eltern von Lania. Adjischins Familie
adoptiert sie. Vater beginnt für die 'Tiger Tuzaks' zu schmuggeln.
Mit dem Boot aus der Bucht, dann zu Fuß durch den Wald. Perijan darf
mit, Eidan auch, zweimal sogar Adjischin. Dabei ist er erst dreizehn.
Von einer solchen Reise kommen Vater und Eidan zerschunden zurück.
Perijan fehlt. Vater verrammelt die Tür und befiehlt allen, ruhig
zu sein. Das 'Oktagon-Banner' hat sein Bündnis mit den 'Tigern' gebrochen
und die Schmuggler am Hafen überfallen. Perijan wurde erschlagen,
und das Oktagon wird kommen, um auch den Rest der Familie zu holen. Wenig
später treten vermummte Männer die Tür ein. Vater fällt,
Mutter stellt sich zwischen die Angreifer und die Kinder. Adjischin flieht
durch ein Mauerloch. Auf der Flucht hört er hinter sich Schreie. Panisch
rennt er die Gassen des nächtlichen Boran entlang, die Verfolger auf
den Fersen. Am Hafen bleibt ihm kein Ausweg mehr. Er muß sich stellen
oder davonschwimmen. Er weiß, daß er keine zwanzig Schritt
weit käme, bevor ihn ein Pfeil in sein nasses Grab sendet. Doch bevor
er mit dem Leben abschließt und vor Bruderschwester Tsa treten will,
offenbart sich ihm eine letzte Chance.
Im dem Schutz der alten, riesigen Hafenmauer hat ein bornischer Schmuggler
festgemacht, ein gedrungener, schneller Segler. Ein Schiff vor Anker ist
neutrales Gebiet, sogar für das Oktagon. Wenn es Adjischin gelänge,
dort Zuflucht zu finden, wäre er sicher. Wie von Bluthunden gehetzt
rennt er zum Steg. Die Wachen an Bord wollen ihn nicht herüberlassen,
selbst als er ihnen seine Todesnot schildert. Der Maat wird von dem verzweifelten
Flehen des Verfolgten an Deck gelockt und hört sich den Fall an. Er
erkennt die Verzweiflung des Jungen und läßt ihn an Bord, eben
bevor die Oktagon-Kämpfer den Steg erreicht haben. Einen Moment scheint
es, als wollten sie Adjischins Herausgabe erzwingen, doch das beherzte
Auftreten des Maat hält sie davon ab. Adjischin schläft wie ein
Toter auf einer Taurolle unter Deck ein. Am nächsten Morgen stellt
ihn der unfreundliche Kapitän vor die Wahl: entweder er heuert als
Schiffsjunge an, oder er geht sofort an Land. Unnütze Esser kann der
Schmuggler nicht brauchen, und einen 'heißen' Flüchtling schon
gar nicht. Adjischin, noch immer geängstigt von den Ereignissen der
letzten Nacht, bittet inständig an Bord bleiben zu dürfen, und
sei es als Mannschaftsmitglied.
Zwei Tage später legt der Schmuggler von Boran ab, mit einem Besatzungsmitglied
mehr als zuvor. Noch einen Tag später macht Adjischin die ersten bitteren
Erfahrungen auf See. In einem Sturm lernt er die Urgewalt des Meeres und
die gnadenlose Härte des Matrosendaseins kennen. Es gibt keine Zeit
für Schwächen, und kein Mitleid für die Schwachen. Nur so,
und nur als Mannschaft übersteht man auf See.
Vier Jahre später hat dieses Leben aus Adjischin einen Mann gemacht.
Er steht am Kai in Neersand und blickt seinem ehemaligen Schiff hinterher.
Der Maraskanschmuggel blüht nach dem Khomkrieg wieder auf, und der
Kapitän will Boran anlaufen. Das Oktagonbanner zahlt gut, und das
will man sich nicht mit unliebigen Exilmaraskanern verderben. Also raus
mit Adjischin, der am Ende der seefahrenden Welt steht und sich das stoppelige
Kinn kratzt. Seeschiffe scheinen hier nicht nach Matrosen zu suchen, und
das Geld ist ihm knapp. Da hilft wohl nur, auf einem 'ollen Flußkahn'
anzuheuern. Die 'Walsachpferdchen' -was für ein blöder Name -
sucht noch Leute. In Ermangelung eines besseren Angebots sagt Adjischin
zu. Kapitän Kohlebrander ist auch nicht begeistert über den 'Salzhering'
an Bord - aber sein Handwerk versteht er ja. Eine Woche später, in
Brinbaum, fällt der Salzwassertropfen, der das Faß zum Überlaufen
bringt. "Nun mal schneller da mitm Entladen, Boraner." "Ist
ja gut, Kapität. Tust ja so als würd' Dir die Flut weglaufen.
Keine Sorge, der Fluß bleibt wohl hier, kann selbst ein Flußschiffer
nicht verfehlen." "Was, auch noch Widerworte. Verschwinde, runter
von meinem Boot, laß dich hier nie mehr blicken etc. pp." Zehn
Schritt weiter auf dem festen Boden des Flußufers fragt sich Adjischin
Was Nun?
Spieler: Michael Höppner
e-mail: hoeppner@ifkw.uni-muenchen.de
Homepage: http://home.ifkw.uni-muenchen.de/~hoeppner/